DAM Preis für Architektur in Deutschland 2022 nominiert
Häuser des Jahres 2021 nominiert
Anbauen, neu bauen, weiterbauen? Wie lässt sich die Erweiterung eines Siedlungshauses aus dem Jahr 1933 schlüssig und doch überraschend komplex denken? Wir haben die vorhandene Typologie mit dem charakteristischen Spitztonnendach aufgegriffen und einen neuen Baukörper um 90 Grad einfach quergestellt.
Der kompakte schlanke Altbau wird dadurch um eine großzügige Garten-Remise mit Koch-, Ess- und Wohnbereich in einem bis zu 5,50 Meter hohen sichtbaren Rundgewölbe ergänzt. Die Erweiterung ist paradoxerweise einerseits nur Anbau, andererseits wird sie zum raumhaltigen Zentrum des gesamten Hauses. Durch die winkelförmige Anlage entsteht ein nach Westen geschützter Hof, an dem der Eingang in den Altbau und der Küchenbereich des Neubaus liegen. Mit dem gewonnenen Platz im Anbau konnte der Bestand so umorganisiert werden, dass im Erdgeschoss für die Bauherrschaft ein großzügiger Rückzugsbereich entsteht und die Kinder das komplette Dachgeschoss mit eigenem Bad und dem darüber liegendem ausgebauten Spitzboden bewohnen können.
Vom erhöhten Eingangsbereich des Altbaus über ein paar Stufen hinab leitet ein tunnelartiger Verbindungsgang in den Neubau auf die Gartenebene und lässt so schon von der Diele einen spannenden Durchblick längs dieser Raumfolge bis in die Tiefe des Grundstücks zu. Vier große quadratische Fenster öffnen den Neubau zum Garten und zum Hof, so dass die Küche in die verbindende Sichtachse zwischen Eingangshof und Terrasse eingespannt ist. Der zurückgezogene Wohnbereich mit Eck-Kaminanlage ist vom Koch- und Essbereich abgetrennt. Die Remise wird somit als Ganzes und als Kontinuum von zwei ausdifferenzierten, sich durchdingenden Räumen wahrgenommen. Großzügigkeit einerseits und exakte Räume andererseits schaffen ein besonderes Raumempfinden.
Der Anbau wurde komplett in Holzrahmenbauweise vorgefertigt und zusammen mit vier segmentierten Tonnendächern aus CNC-gefrästen Rundbogenbindern an einem Tag aufgestellt und montiert. Die hinterlüftete Dachdeckung besteht aus vorgebogenen Titanzinkbahnen; die vertikal geschalte Fassade aus gehobelter sibirischer Lärche wurde mit einer silbernen Vergrauungslasur behandelt.
INFORMATION
Neubau, Umbau und Sanierung LPH 1—8 | Planungszeit: 2019.08—2020.01 | Bauzeit: 2020.02–10 | Wohnfläche: 183 m² / BGF: 335 m² / Grundstücksgröße: 999 m² | Standort: Hamburg | Bauherrschaft: privat | Historisches Gebäude 1933: Alex Ram Architekt BAI, Hamburg | Statik und Wärmeschutz: Carola Görge Tragwerksplanung, Hamburg | Lichtplanung Neubau: Lumoplan, Berlin | Generalunternehmer Neubau, Dachsanierung und Holzbau Altbau: MOBAU, Hamburg
© 2020 REICHWALD SCHULTZ, Projekteam: Peter-Karsten Schultz, Matthis Gericke (Projektleitung), Anna-Lisa Ulbrich | Bauleitung: Pascal Prange, Hamburg | Fotograf: Marcus Ebener, Berlin